Buchreview: Nina Schindler - Väter und Sohn
Nina Schindler
Väter und Sohn
Bruno Gmünder Verlag,
2000/ als Taschenbuch 2003 München
ISBN: 3-570-21309-9
Story
Paul darf in den Sommerferien nach New York fliegen. In der Stadt lebt sein leiblicher Vater Ben mit dessen Freund Chuck und sich nun sehr auf den Besuch seines Sohnes freut. Doch Paul hat Ben noch nie getroffen und kannte ihn nur von Fotos und hat bisher auch keine Ahnung davon, dass sein Vater schwul ist. Ein Roman, dass nicht zuletzt Kindern Scheu vor Homosexualität nehmen soll und endlich die Problematik Schwule und ihre Kinder jugendgerecht thematisiert.
Wie wir das von Sommerferienberichten kennen beginnt alles am Tag der
Abreise (13. 7. 2000). Besser mit:„„Paul! Beeil dich, wir
müssen los!“ “(S.5) Im weiteren Verlauf erfahren wir,
wie der Ich-Erzähler Paul Johannsen, 10 Jahre alt, von seiner Familie
am Bremer Flughafen verabschiedet wird, über Frankfurt nach New York
City fliegt und dort von Ben abgeholt wird. Dann beschreibt Paul seine
ersten Eindrücke von dieser Stadt und natürlich von seinem Vater,
den er jetzt zum ersten mal kennen lernt, denn er hat sich kurz nach Pauls
Geburt von der Familie in Deutschland getrennt und ist nach Amerika
gegangen. Gerade in der Wohnung angekommen erwähnt
Ben:„„Ich wohne hier nämlich mit Chuck und der ist Maler
und Innenarchitekt. Der hat sich hier ausgetobt. Ganz schön … wie
sagt man? Knallig?“
„Jau“, sagte ich. „Mächtig knallig.“ “(S.20f.)
An vielen Stellen in der Wohnung (z.B. zwei Zahnbürsten) findet Paul Spuren von
diesem Chuck, doch bedarf es erst folgenden Gesprächs:
„Ich stand auf und räumte den Tisch ab.
„übrigens da gibt es noch etwas, was ich dir sagen muss“, rief er mir hinterher.
Ich wuchtete gerade meinen Koffer ins Schlafzimmer.
Als ich ihn abstellte, drehte ich mich um, Ben stand in der offenen
Tür und hatte eine leuchtend rote Birne.
„äh, hrrrm, ja, also, Paul, du schläfst im Wohnzimmer - die
Couch ist eine Schlafcouch, die ist ganz - äh - gemütlich.“
„Aber “ ich sah zu dem Doppelbett hin und dann zu Ben.
„Wieso?“
Und dann traf es mich wie ein Plumpssack aus dem vierten Stock. …“(S.25)
Sicher, Ben gegenüber sagt er nicht, dass er mit dessen Schwulsein Probleme
hat, doch für ihn bedeutet das viel Stoff zum nachdenken. Auch sonst
sieht Paul sich einem gewaltigen Haufen von Gefühlen gegenüber,
Freude und Begeisterung aber auch Trauer und Wut kommen bei den
Gesprächen zwischen Vater und Sohn in ihm hoch. Und dann begegnen
sie Chuck. „Ich fragte mich, ob ich Chuck leiden mochte, rein
äußerlich war er ein klasse Typ, wie ein Baseballstar oder
so.“(S.43) Doch damit, dass Ben und Chuck händchenhaltend durchs
Stadtviertel gehen, hat er ein massives Problem; und als die beiden sich
dann auch noch einen Kuss auf den Mund (!) geben rennt Paul davon, denn
das ist ihm dann doch zuviel. Aber wie es halt so kommt in New York trifft
man dann auf einen guten Freund. In diesem Fall die richtig coole Tracy.
Sie muntert Paul auch gleich auf und trotz seiner schwachen Englischkenntnisse kommen
die beiden gleich ins Gespräch. Sie lässt ihn auf ihren Inliners
fahren doch dann kommt das Donnerwetter von Ben, der ihn inzwischen
gefunden hat. Jetzt brechen die Dämme und die beiden können sich
erst mal aussprechen, doch daraus entwickelt sich auf längere Sicht
eine harmonische Vater-Sohn-Beziehung.
Als er mit Chuck an einem Vormittag in ein Museum geht, und ein deutscher
Tourist pöbelt:„„Da ist wieder der Nigger mit dem
weißen Kind. So eine Schande!“ “(S.102) und
„„Freches Pack!“ “(ebd.) ruft, dreht sich Paul um
und sagt „laut und deutlich: „Er ist kein Pack, das ist mein Dad!“
Und mit großer Zufriedenheit“ sieht Paul „bei dem Typen
die Kinnlade herunterklappen,“ während er Paul und Chuck
fassungslos hinterher starrt (vgl. S.103).
Als Ben und Chuck ihren Sohn dann zum Flughafen bringen fragt sich Paul,
warum die beiden ihn nicht damals vor sechs Wochen gemeinsam abgeholt
hatten. Doch dann fällt ihm ein „Wahrscheinlich hätte ich
zwei Väter damals schlecht verkraftet.“ (S.120).
„ „Lass es dir gut gehen“, sagte Ben (…).
„Take care“, sagte Chuck.
„Ich komme wieder“, schrie ich (…)“(S.120).
Deshalb mein Fazit:
Ein Buch, dass sich leicht lesen lässt, in dem man einiges über die Stadt der Städte lernen kann und das Thema schwule Väter erstmals (wie ich das so mitbekommen habe) in der Jugendliteratur auftaucht. Vielleicht nicht der Kandidat zum Lieblingsbuch, und mag manchmal hinter den Erwartungen zu dem Thema zurückbleiben, doch auf jeden Fall ein Roman, den es an jüngere Geschwister wohl zwischen 10 und 15 Jahren zu verschenken lohnt.
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