Buchreview: Wolf Haas - Silentium
In diesem Krimi, denn als Thriller würde ich diesen Roman nicht bezeichnen, schauen wir einem Privatdetektiv über die Schulter. Er heißt Brenner und arbeitet in der angeblich schönsten Stadt der Welt, Salzburg.*
über einen potentiellen Bischofskandidaten tauchen Gerüchte auf, er habe sich
an einem Schutzbefohlenen im ehrwürdigen Knabeninternat Marianum vergangen. Derjenige,
der den Stein ins Rollen brachte hat sich auf der Couch eines befreundeten Psychologen
über seine Eheprobleme unterhalten, was manche Leute zu Zweifeln an der Richtigkeit
der Aussagen anregt.
So wird der Detektiv Brenner im Marianum untergebracht und versucht mehr und mehr Details
über das potentielle Opfer und die Vorgänge im Internat zu erfahren. Jedoch
entdeckt er schnell, dass sich ein viel komplizierteres Netz aus Familienbanden,
Freundschaften und Schuldigkeiten ergibt, als es sich der Brenner vorgestellt hat;
und als es dann auch noch einen Toten, gibt steht der recht sympathische Detektiv vor
einem immer größer werdenden Berg Arbeit.
Was es mit Petting 69, einer katholischen Heiratsagentur mit ausschließlich Namen
wie Ogusake, Wang, Wong und Li in der Kartei und mit dem Salzburger John F. Kennedy auf
sich hat lohnt sich durchaus weiterzuverfolgen - nicht zuletzt wegen des besonderen
Schreibstiles von Wolf Haas. Eine kleine Leseprobe von der ersten Seite des Romans:
„Jetzt ist schon wieder was passiert. Und ausgerechnet im Marianum, wo man glauben
möchte, da kommt der brave Bauernbub als Zehnjähriger auf der einen Seite
hinein und acht Jahre später auf der anderen Seite als halbfertiger Pfarrer auf der
anderen Seite wieder heraus. Kein Wunder, dass so lange niemand Verdacht geschöpft
hat. Weil eigentlich unfassbar, das ausgerechnet in der saubersten Internatsschule von
ganz Salzburg so etwas möglich war.
Aber weil ich gerade sage sauber. Das ist natürlich nicht im streng hygienischen Sinn
gemeint. Weil gestunken hat es schon immer ein bisschen im Internat, sprich
Ausdünstungen von Internatsbuben nicht immer ganz Rosengarten.“(S.5) und:
„Aber heute hat der junge Regens [priesterlicher Leiter einer katholischen
Einrichtung, hier quasi Rektor, Anm. Jonny] selber das Küchenmädchen gespielt,
sprich, er hat aufgetischt, dass der Besprechungstisch völlig unter den
Köstlichkeiten verschwunden ist: Familienpackung Erdnüsse, Familienpackung
Kartoffelchips, Familienpackung Soletti [??], Familienpackung Salzgebäck,
Familienpackung Goldfischli, Familienpackung Tuc-Salzkekse. Weil ich glaube, wenn du
heute keine eigene Familie haben darfst, willst du wenigstens auch ab und zu eine
Familienpackung vernichten, quasi Amoklauf.“(S.11)
Ich denke das mag von Haas ausgezeichneten Qualitäten als Literaten genügen.
Deshalb mein Fazit:
Netter Krimi, nicht immer ganz einfach, sprich nicht zum durchlesen der Tiefschlafphase geeignet. Sehr spritzig mit Spannung und Humor für aufgeweckte Freunde der kriminalistischen Literatur ab 15 Jahren. übrigens: trotz des vielleicht klassischen Internat-Hintergrunds kein „schwules Buch“.
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